A Storytelling oder die Autobiographie einer Künstlerin

die affirmativen Pop und bissigen Punk in ihren Werken vereint...

so  Dr. Martin Ortmeier über die Künstlerin bei seiner Laudatio während der Verleihung des Kulturpreises im Landkreis Freyung-Grafenau 2015.

Und doch erlaube ich mir jetzt persönlich bei diesem Blogartikel  anzumerken …in meinem Kunstschaffen liegt ein Mysterium  verborgen. Diese provokante  Headline affirmativen Pop und bissigen Punk wird  meinem Kunstschaffen nicht annähernd gerecht. Yes, mein Werkepos deckt nicht nur die gesellschaftlichen Wesenszügen auf und hält Dir – dem Betrachter –  den Spiegel entgegen, wie es Ortmeier beschreibt.  UND  doch fehlt in seiner schriftlichen Ausführung  das Wesentliche. Mein künstlerischer Prozess besitzt Tiefgang und ist vielschichtiger und geht über das visuell  Abbildende hinaus. Mein Schaffen dringt  in jene existenzielle  evolutionäre Bewusstseinsebene vor , um darin  das   Göttliche –  die Essenz  – frei zu legen und dieses GUT  sichtbar wahrzunehmen. Diesen Teil hat Dr. Martin Ortmeier damals nicht verstanden, doch   ist es sein subjektiver Blick und persönliche Wahrnehmung auf meine Kunst und daher erlaube ich mir, diesen sehr wertvollen und essentiellen Teil meiner  geistig-seelischen Entwicklung und daraus resultierenden künstlerischen Entfaltung hinzuzufügen. Petronilla Hohenwarter 6.2022 

 

 

Laudatio

Die bildende Kunst zeigt uns die Welt in ihrer Vielfalt. Sie zeigt uns die Welt in ihrem schönen Schein oder ihrer herben Wirklichkeit, sie stellt uns verrückte und wunderbare Gebilde vor Augen oder sie zeigt uns Abgründe auf, in die wir noch nie geschaut haben. Sie stellt das Unvereinbare nebeneinander, sie bringt uns ein Hier und Jetzt zur Anschauung im Einvernehmen mit der Einsicht, dass eben gerade das nicht, ja nie möglich sein wird, was wir hier im Bild, was wir auf dem Zeichenpapier, auf der Leinwand, auf dem Bildschirm sehen. Das Sinnlose, das freie Spiel, das Zweckfreie der Kunst erdet und verbürgt eben diese Kunst selbst durch die unzweifelhafte, die evidente Existenz des Werks.

 

!Und oft tut die Kunst genau das, was man auf keinen Fall tun darf, weil es ungewohnt ist, weil es ungehörig ist, weil es nicht erlaubt ist: das Schiefe, das Nackte, das Nebeneinander des Unvereinbaren, die ungezügelte Leidenschaft, unerhörte Komplexheit, irritierende Interferenzen, schmerzliche Kontraste – und jetzt sind wir ganz beim Werk der Petronilla Hohenwarter:  die Kunst wagt auch ungeniert die das Auge des Feinsinnigen verletzende Nachbarschaft eines amts stubigen Gelb neben technoidem Magenta, eines grellen Grün neben giftigem Zyan zu setzen. 

 

In den Gemälden Petronilla Hohenwarters finden wir keine fein gezogenen Linien, keine klaren Grenzen der Farbfelder. Die ausgefranste Spur ihres Pinselhiebs zeugt von einer Leidenschaft, die wir uns in unserer engen Gesellschaft nicht auszuleben erlauben dürfen. Dabei wissen wir genau, dass die Wirklichkeit gerade so nicht ist, wie wir sie erscheinen lassen möchten. Da ist in Wirklichkeit nichts Ton in Ton in unserer Gesellschaft, denn wie oft müssen wir erleben, dass gerade der, welcher uns am freundlichsten und friedlichsten entgegenlächelt und uns mit treuen Augen anblickt, dass eben der das Messer schon hinter seinem Rücken hält, dass der andere das tief verletzende Wort schon auf der Zunge trägt – Kabale hieß das zu Zeiten Friedrich Schillers.

 

Weil wir das wissen, nehmen wir die graphisch-gestischen Fährten in den Gemälden Petronilla Hohenwarters, die das malerische Ereignis auf ihren farbenfrohen Leinwänden begleiten, stören, konterkarieren, in Frage stellen, und die wir erst beim genaueren Betrachten bemerken – weil wir das wissen, nehmen wir diese „Störung“ der Werke und die Werke als Ganze als Abbild unserer sozialen Existenz wahr  !        

I AM - BIOGRAPHIE by Petronilla

Das „Theater an der Rott“ hat die Silhouette einer hoch aufgerichteten Bulldogge als Markenzeichen. Und daneben steht „Er will doch nur spielen“. Ja, deshalb lassen wir spielen auf der Bühne, wir lassen spielen von Mord und Verrat, von Trieb und Intrige, von Verleumdung, Betrug und verzehrender Liebe, damit es ein bisschen weniger geschehen möge hier draußen in unserer Welt. Oder dass wir wenigsten ein wenig besser darauf vorbereitet wären. Deshalb auch, weil es nur Spiel ist, weil es nur Kunst ist, ist uns die kindlich-gestische und farbmächtige Leidenschaft der Hohenwarter‘schen Malerei ein ästhetischer Genuss, ein Kunsterlebnis. Lassen Sie es toben auf Ihrer Leinwand, liebe Petronilla Hohenwarter, lassen Sie dort das Unversöhnliche aufeinandertreffen, und setzen Sie ganz in unserem Sinne die Streiche Ihres Graphitstifts dazu, dass es unsere feinen Sehgewohnheiten reizt und verletzt. Denn wir wissen: Es ist nur gespielt. Die Bühne Ihres Farbspiels ist das Quadrat der Leinwand.

 

Ich schaue das Werk an und darf getrost denken: Ja, so wild, so unbeherrscht, so gewaltbereit, so leidenschaftlich und zugleich bierharmoniesüchtig bin ich auch. Aber ich habe gelernt, das zu beherrschen. Ich hänge mir so ein Bild hinter meinen Platz am Schreibtisch um zu zeigen: Ich kann auch so, aber ich tue es nicht. Das Gemälde als Sündenbock! Dann ist es gleichgültig, ob in mir tatsächlich dieses Potential schlummert oder ob ich in Wirklichkeit ein angepasster Langweiler und Paragraphenreiter bin. Ich zeige mich, als der Herr eines solchen Bilder, als der Verfüger über so ein Werk, als einer, der – wenn er denn wollte – so auch könnte. Aber keine Angst, ich sage mit diesem wilden Hohenwarter-Bild an der Wand auch: Es bleibt alles „im Rahmen“.

 

Zwei Kräfte sehe ich, seit ich das Werk Petronilla Hohenwarters verfolge… zwei Kräfte sehe ich zugleich wirksam: das konzentrierte Ausleben künstlerischer Leidenschaft, Phantasie und Spielfreude und die Einbettung in Ordnungen: das Quadrat, die Werkserie, die pädagogische Erläuterung. Petronilla Hohenwarter arbeitet sehr häufig in Werkreihen, denen sie Serientitel gibt: seit 2010 „QUO VADIS“, seit 2004 „LOVE HAPPENS“, seit 2004 auch „HAPPINESS“ usw.

 

Unter dem Ausstellungstitel „LOVE HAPPENS“ ist mir bei einer Ausstellung ein kleiner Ausschnitt des Hohenwarter‘schen Werks nach vielen Jahren wieder neu begegnet. Farbe und Faktur, Kraft und Witz dieses Werks haben mich sofort wieder angepackt

Ganz früh in Hohenwarters künstlerischer Entwicklung – 2000 bis 2002 – stand die Serie „IN TOUCH“. 2002 hat sie dafür den Debütanten-Preis des Bayerischen Staatsministeriums für Forschung, Wissenschaft und Kunst bekommen, der mit der Finanzierung eines Katalogs  verbunden ist. Der Werkserie „IN TOUCH“ war dieser Katalog gewidmet, wie auch die zugehörige erste Einzelausstellung der jungen Künstlerin, im Juli 2002 im Kulturmodell der Stadt Passau.

 

In diesem Katalog werden die zwei gegensätzlichen Seiten der Künstlerin bereits angesprochen: „Den freien Umgang mit der Handzeichnung, mit Farbe, Objektstücken, Papier verschiedener Qualität, das Spiel mit Fläche und Raum, Körper und Haut hat Petronilla Hohenwarter weit vorangetrieben, aber sie lässt dieser Freiheit, dieser Kunst nicht die Zügel fahren.“ Dennoch, auch das Geordnete ist nicht langweilig bei unserer Preisträgerin. Sagen wir so: Sie vereint affirmativen Pop und bissigen Punk. So spontan ihre Gemälde auf den ersten Blick erscheinen, sie sind Schicht auf Schicht zeit- und kraftverbrauchend entstanden. Und sie lassen dem Betrachter diese verflossene, ins Werk eingegangene Zeit im Lesen der Schichtungen nachvollziehen.

 

Petronilla Hohenwarter war viel auf Reisen, lange Jahre war sie nur lose ihrer Heimat im Bayerischen Wald verbunden. Seit einiger Zeit aber unterhält sie im elterlichen Haus in Waldkirchen ein Atelier. Mit der Ausstellung „EXISTENCE of LOVE“ hat sie sich 2011 in der Galerie Wolfstein in ihrer Bayerwaldheimat zurückgemeldet.

 

Ich muss noch ein paar Worte sagen zu den kunstpädagogischen Erläuterungen, mit denen die Künstlerin ihr Werk begleitet. Diese Texte sind nur scheinbar Erläuterungen, denn sie tragen nur gering zum Verständnis bei. Sie sind vielmehr Erweiterungen des Gemalten und Gezeichneten mit Worten und Phrasierungen, die sie der Alltagssprache, der politischen und pädagogischen, der Werbe- und Gewerbesprache entlehnt. In diesen Texten wie auch in den Serientiteln sehe ich dieselben Grundmuster wirksam: das Kontrastieren, das Serielle, das Ausfransende, die Schichtung. Versuchen Sie gar nicht, diese Erläuterungen zu verstehen, lassen sie sich stattdessen ein auf deren Klang, den Rhythmus, das Spiel mit Wortversatzstücken, das Assoziationsnetz, das Patchwork von Phrasen.

 

Es ist fast müßig zu sagen, dass Petronilla Hohenwarter sich professionell präsentiert im worldwide Web. Schauen Sie rein unter – ganz einfach – der Adresse petronillahohenwarter.com. Dort können Sie auch Daten zu Leben und Bildungsgang unserer Preisträgerin nachlesen. Ich will mich mit ein paar Stichworten begnügen: 1965 geboren in Waldkirchen, 1983–1986 Studium an der Akademie für Sozialpädagogik in Passau, 1987–1997 (10 Jahre!) Berufstätigkeit in Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbildung. Aber dann war der Lockruf der Ferne zu stark: 1997–2000 Gaststudentin für bildende Kunst an der Universität der Großstadt Surakarta in Indonesien, danach viele Fernreisen und Aufenthalte in Südostasien, in den USA und in vielen Ländern Europas als Artist in Residence und als Teilnehmerin bei Symposien.

 

„Kein Bezug zur Region“ wird von manchen Lokalpatrioten notorisch kritisiert, wenn ein Krimi kein Heimatkrimi ist, wenn ein Musiker die altvertraute Polka mit Jazz- und Klezmerklängen und -rhythmen würzt, wenn ein Künstler keine Bayerwaldhorizonte malt. Wo fände ich den „Bezug zur Region“ in den Werken „der Hohenwarter“!?

 

Was hat den Kulturkreis Freyung-Grafenau bewogen, diese Künstlerin für seinen Preis auszuwählen? Da sind viel weltstädtischer Geist und Haltung im Werk zu spüren – wen mag es wundern bei einer Künstlerin, die häufig in Chicago, Surakarta und Singapur, London, Berlin, Wien, und anderen Metropolen war und wohl immer wieder sein wird.

 

Aber wie heißt es so treffend im Volksmund: den Waidler kriegt man aus dem Wald raus, aber den Wald nicht aus dem Waidler. Ich will es Ihnen überlassen, den Spuren des Waldlerischen im Werk von Petronilla Hohenwarter nachzuforschen. Wir stellen jedenfalls mit Freude fest, dass unsere Preisträgerin nach Jahren des Pendelns zwischen den Kontinenten – und zu diesen „Kontinenten“ zählt seit einigen Jahren auch Wien! – wir stellen mit Freude fest, dass sie wenigstens mit einem Bein wieder ganz fest in Waldkirchen in der Heimat steht. Man hat mir gesagt, der ehemalige Vorsitzende des Kulturkreises Winfried Russ hat den Blick auf Petronilla Hohenwarter gelenkt. Man erkennt darin den erfahrenden Blick eines Zeit seines Lebens der Kunst verbundenen Menschen, voller Liebe für das Hergebrachte und voller Leidenschaft für das Neue.

 

Der Kulturkreis stellt Petronilla Hohenwarter in die illustre Reihe seiner Preisträger. Ich will nur wenige Namen aus den frühen Jahren herausgreifen: Josef Fruth, Dr. Ernst Dorn, Alfred Fuchs, Hans Zechmeister, Leopold Hafner, Hanns Egon Wörlen.

 

 

Liebe Frau Hohenwarter, bis hier und heute war der Kulturkreis in der strengen Pflicht, gut zu wählen. Jetzt sind Sie in der Pflicht: Bleiben Sie Ihrer Heimat treu – aber nicht verhaftet, bleiben sie auf Ihrem künstlerischen Weg. Aber gehen Sie diesen Weg nicht schnurgerade!, denn wir genießen jeden Ihrer künstlerischen „Sidesteps“, jeden Ihrer rhythmischen „Cucarachas“, jeden schöpferischen Schlenker, alle Ihre frechen „Genrebilder“ einer Gesellschaft von Zyan, Yellow, Magenta und Graphit. Für mich zumindest kann ich bekunden: „PASSION HAPPENS“.

 

Der Kulturkreis Freyung-Grafenau will damit sagen: Bleiben Sie in unserem Kreis oder, wenigstens, kehren Sie immer wieder zurück in unseren Kreis. Und er will sagen: Zeigen Sie uns, liebe Petronilla Hohenwarter, dass wir uns nicht getäuscht haben. Wir wollen noch mehr sehen von Ihnen, wir wollen die weitere Entwicklung Ihres Werks mit Interesse und vielleicht mit Begeisterung, mit Passion begleiten. Und wir wollen uns dann auch ein wenig mit Ihnen sonnen in dem Glanz Ihrer weiteren Erfolge, deren ich mir sicher bin. Wir können dann nämlich sagen: Wir waren 2015 schon dabei und wir haben Ihr Potential erkannt.

 

Ich danke dem Vorstand des Kulturkreises Freyung-Grafenau für seine kluge und einfühlsame Wahl und ich gratuliere Ihnen, liebe Frau Hohenwarter zu diesem Preis. Freyung Februar 2015 | Dr. Martin Ortmeier, Kunstverein Passau | 

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